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Endlich ist es soweit. Nach über zweieinhalb Jahren der Planung und zahlreichen Rückschlägen steigen wir in unser Wohnmobil und fahren los. Diesmal ohne Netz und doppelten Boden, ohne weitere Stopps in Deutschland, um noch dies oder das zu klären, zu verbessern oder zu regeln. Diesmal für ein ganzes Jahr…

Der Motor schnurrt, die Kinder hören Hörbücher, die Eltern sind noch nicht so entspannt. Bei jedem neuen Geräusch aus dem Motorraum schauen wir uns nervös an und überlegen, ob das normal ist, woher der Laut kommen könnte. Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis das Vertrauen in unseren KAZYmir wieder stärker wird.

Nach einem Übernachtungsstopp in Bayern geht´s  am 3. September über die Grenze nach Österreich. Was früher ganz selbstverständlich war, ist nun aufgrund dieser Pandemie viel komplizierter und auch aufregend. Mit gezückten Pässen, Impfnachweisen und einem nur 24 Stunden alten Antigentest für den 13-jährigen Bastian fahren wir zur Grenzstation und… fahren einfach durch. Kein Anhalten, keine Kontrolle, keine Menschenseele.

Da wir nun erstmals mit einem Wohnmobil mit 5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht unterwegs sind, ist vieles ungewohnt, überraschend, verwirrend und zum Teil auch nicht bekannt. Das „Pickerl“ für 10 Tage zum Beispiel gilt nur bis zu 3,5 Tonnen. Für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht gilt auf Österreichs Autobahnen eine fahrleistungsabhängige Maut und man benötigt eine GO-Box. Das fällt uns leider erst kurz vorm Verlassen von Österreich auf, das „Pickerl“ an der Windschutzscheibe und mit 90 km/h auf der Autobahn unterwegs… also schnell runter und den Rest der Strecke auf diversen Bundesstraßen fahren.

Abersee am Wolfgangsee klingt nach Heimatfilm, Volksmusik und betagtem Publikum, ist aber atemberaubende Natur, türkisblaues Wasser und absolute Alpenidylle. Hier ist unser erster Stopp mit Blick auf den See und den 1.783 Meter hohen Schafberg. Zeit zum Durchatmen. Zeit zum Radeln um den See. Zeit für eine Wanderung aufs Zwölferhorn mit der ganzen Familie. Basti und Tara überraschen mich immer wieder, denn sie meistern die 950 Höhenmeter recht lässig, spätestens nachdem klar ist, dass auf dem Gipfel Germknödel serviert werden. Nach unseren 3,5 Wochen in Island tut es richtig gut, frische und regionale Produkte einkaufen und kochen zu können. Tomaten, die nach Sommer schmecken, österreichischen Bergkäse, selbst gebackenes Sauerteigbrot und Zwetschgen vom Baum.

Unser nächstes Ziel ist das Soča Tal in Slowenien. Was für einen normalen PKW eine 3-4 stündige Fahrt ist, ist für uns mit einem 29 Jahre alten voll beladenen Wohnmobil ein zweitägiges Abenteuer mit Zwischenstopp auf einem Bergbauernhof nahe der Grenze und dann DER Bergetappe durch die julischen Alpen über den Passo di Predil. Schwitzen ist angesagt, und das nicht aufgrund der sommerlichen Temperaturen. Bei Ankunft im Kamp Lazar in Kobarid bin bin ich einigermaßen ausgepowert, aber glücklich. Das Vertrauen in unseren KAZY wird mit jeder Herausforderung größer.

Es fühlt sich anders an – anders als beim Radfahren, anders als beim Backpacking. Und wir müssen uns in diese Art des Reisens erst reinfinden. Manchmal vermissen wir die Nähe zur Natur, das noch langsamere Vorankommen und das unmittelbare Erleben der Umgebung. Uns fällt auf, dass die Menschen auf den Camping- und Stellplätzen in Deutschland und Österreich weniger offen, schwerer erreichbar sind. Vielleicht liegt das an der Mentalität. Vielleicht liegt es auch daran, dass man im Wohnmobil abgeschotteter ist als im Zelt. Für uns ist klar, dass wir während der Reise immer wieder Mehrtagestouren mit dem Rad oder zu Fuß einbauen möchten und werden. Aktuell entwickeln wir für uns eine neue Tagesroutine, mit einer Lernzeit für die Kinder, Familienzeit für Unternehmungen und Yogatime für Manu. Es hat ein paar Tage gedauert, aber mittlerweile kommen wir an – im Vanlife. Endlich.

English Translation:

Finally, the time has come. After more than 2.5 years of planning and numerous setbacks, we get into our motorhome and drive off. This time without safety net, without further stops in Germany, in order to still clarify this or that, to improve or to regulate. This time for a whole year…

The engine is purring, the kids are listening to audio books, yet the parents are not so relaxed yet. With every new noise from the engine compartment, we look at each other nervously, wondering if this is normal, where the sound might be coming from. It will probably take quite a while before our confidence in our KAZYmir grows stronger again.
After an overnight stop in Bavaria, we cross the border into Austria on September 3rd. What used to be a matter of course is now much more complicated and also exciting due to this pandemic. With passports drawn, proof of vaccination and an antigen test for 13-year-old Bastian which is only 24 hours old, we drive to the border station and… just drive through. No stop, no control, not a soul.

Since we are now traveling for the first time with a motorhome with 5 tons gross vehicle weight, many things are unfamiliar, surprising, confusing and partly also unknown. The toll sticker for 10 days, for example, is only valid up to 3.5 tons. For vehicles over 3.5 tons gross vehicle weight, a mileage-based toll applies on Austria’s highways and you need a GO-Box. Unfortunately, we noticed this only shortly before leaving Austria, the bought sticker on the windshield and with 90 km/h on the highway… so quickly exit the highway and drive the rest of the way on various federal roads.
„Abersee am Wolfgangsee“ for us sounds like an old sentimental movie, folk music and an aged audience, but it is breathtaking nature, turquoise water and absolute alpine idyll. Here is our first stop with a view of the lake and the 1,783-meter Schafberg mountain. Time to take a deep breath. Time to cycle around the lake. Time for a hike to the Zwölferhorn with the whole family. Basti and Tara surprise me again and again, because they master the 950 meters of altitude quite casually, at the latest after it is clear that on the summit their favourite dish „Germknödel“ are served. After our 3.5 weeks in Iceland it feels really good to be able to buy and cook fresh and regional products. Tomatoes that taste like summer, Austrian mountain cheese, homemade bread and plums directly from the tree.

Our next destination is the Soča Valley in Slovenia. What is a 3-4 hour drive for a normal car is a two day adventure for us with a 29 year old fully loaded motorhome, stopping at a mountain farm near the border and then THE mountain trip through the Julian Alps over the „Passo di Predil“. Sweating is the order of the day, and not because of the summer temperatures. On arrival at Kamp Lazar in Kobarid I am reasonably exhausted, but happy. Confidence in our KAZY grows with each challenge.

It feels different – different from cycling, different from backpacking. And we have to get into this way of traveling first. Sometimes we miss the closeness to nature, the even slower pace, and the immediate experience of the surroundings. We notice that the people on the campsites in Germany and Austria are less open, harder to reach. Perhaps this is due to the mentality. Maybe it’s also because we’re more isolated in a camper than in a tent. For us it is clear that we want to and will always include multi-day tours by bike or on foot during our trip. Currently we are developing a new daily routine for us, with study time for the kids, family time for ventures, and yoga time for Manu. It took a few days, but in the meantime we are getting used to vanlife. Finally.

Wir können es nach unseren vielfältigen Erlebnissen im südlichen Island kaum erwarten, nun den Norden und das Hochland zu erkunden: Hier gibt es deutlich weniger Touristen und genauso viele Highlights wie im restlichen Teil der Insel. Vulkane und eine blaue Lagune in Myvatn, Wandern über den Wolken in Akureyri, Reiten am Strand von Husavik und eine weitere abenteuerliche Busfahrt durch das Hochland zurück nach Reykjavik – all dies erfährst Du in diesem Artikel. Los geht´s…

Etliche Stunden der Recherche, die tatkräftige Unterstützung einiger Isländer und ein mulmiges Gefühl bis zum Schluss, aber wir haben es geschafft. Mit einem der letzten öffentlichen Busse des Jahres 2021 gelangen wir am 11. August von Höfn im Südosten Islands über Breidalsvik und Reydarfjördur nach Egilstadir. Wir fahren mit drei verschiedenen Minibussen, und bei jedem habe ich das Gefühl, dass die Fahrer eigentlich einen ganz anderen Job haben und sich durch das Busfahren was dazu verdienen… Der kritische Abschnitt ist gleich der erste, da unerklärlicherweise der Abschnitt von Djupivogur nach Breidalsvik ab dem 15. August eingestellt wird. Das ist Island mit dem öffentlichen Bus!

Egilstadir ist mit 2.500 Einwohnern die größte Stadt im Osten Islands. Da der nächste Bus nach Myvatn erst 2 Tage später fährt, machen wir hier einen „zwangsverodneten“ Boxenstopp, gehen ins Freibad, organisieren die nächsten Abschnitte unserer Tour und feiern Bastis 13. Geburtstag  Hier gibt es einige Sehenswürdigkeiten im Umland, die wir  schweren Herzens auslassen müssen, da es einfach keine Möglichkeit gibt, ohne eigenes Fortbewegungsmittel dorthin zu gelangen. Es tut manchmal weh, Fotos dieser Spots von einigen Radfahrern gezeigt zu bekommen, so nah und doch so weit weg davon zu sein. 

Unser nächster Stopp ist der See Myvatn (übersetzt: „See der Fliegen“); der macht leider seinem Namen alle Ehre und begrüßt uns mit einer Myriade von Fliegen. Nein, sie stechen nicht, aber die kleinen Biester fliegen am Liebsten in Augen, Nasen, Ohren… Einziger Ausweg: alle modische Scheu ablegen und ein Mückennetz über den Kopf ziehen! Aber auch die Natur ist der Wahnsinn: Vulkane, unterirdische heiße Grotten (welche dem einen oder anderen Game of Thrones Fan bekannt vorkommen dürfte), überall Dampf aus der Erde und eine riesige Lagune mit milchig blauem warmem Wasser. Den einzigen regnerischen Tag nutzen wir, um hier stundenlang zu entspannen. Sogar eine Bar im Wasser gibt es. Bei unseren Wanderungen in den nächsten Tagen offenbaren sich atemberaubende Farben: Schwarze Lavafelder, roter Fels, brauner Sand, grüne Wiesen und moosige Flächen und das Blau des Sees. 

Zu Fuß zum Campingplatz
Die blaue Lagune in Islands Norden: Myvatn Nature Bath

Erst nach 3 kalten Nächten im Zelt machen wir uns auf in die zweitgrößte Stadt Islands: Akureyri. 100km südlich des Polarkreises. Der nördlichste Punkt unserer Reise. Nach all der vielen Natur fühlt sich das Campen auf dem City Camp Site total fremd für uns an, es ist schon seltsam, wie schnell das geht…. Hier (oder besser gesagt im an der Küste liegenden Städchen Husavik) geht der größte Wunsch Taras  auf dieser Reise in Erfüllung: Reiten auf einem isländischen Pony am Strand. Und während Tara, Basti und Manu den Tölt für sich entdecken, mache ich eine Wanderung auf Akureyri´s Hausberg. Aufbruch so um 10 Uhr. 10 Grad. Nebel. Nach ca. 2 Stunden laufe ich durch Wolken und sehe kaum noch was und dann kommt die Belohnung: Auf ca. 700 Metern Höhe klart es auf und ich habe beste Sicht auf den ganzen Fjord, an dessen Ende Akureyri liegt. 

Das Hochland im Zentrum Islands ist karg, rau und praktisch unbewohnt. Die wenigen existierenden Schotterpisten sind nur zwischen Anfang Juni und Ende August befahrbar. Und es gibt tatsächlich eine Busgesellschaft, die mehrmals pro Woche eine dieser Pisten, die Kjölur Route, entlangholpert. Wir zögern, ob eine Busfahrt inkl. Zwischenstopp nicht eine Nummer zu heftig für uns ist. Wenn wir an einem der wenigen Camps bleiben wollen, dann für mindestens 2 Nächte, da der nächste Bus erst 2 Tage später vorbeikommt. Das Wetter wechselt hier ständig und es kann im August durchaus auch schneien. Unser Kompromiss: die erste Nacht wie gewohnt im Zelt verbringen und hoffen, dass es nicht zu kalt wird; für die zweite Nacht buchen wir uns ein Zimmer, bei dem sogar Frühstück mit dabei ist. Na dann, auf nach Hveravellir. Und kaum sind wir von der Ringstraße abgebogen, hört der Asphalt auf und die Einsamkeit beginnt. Wir fahren durch absolut unbewohnte, menschenleere Mondlandschaften, in denen nur hoch aufragende Gletscher einen Anhaltspunkt bieten. Als wir in Hveravellir aussteigen, ist uns schon etwas mulmig.

Abfahrt mit dem öffentlichen Bus ins Hochland

Don’t forget to pick us up in two days“, rufe ich dem Busfahrer zu, als dieser den Bus wendet und weiterfährt.

Hveravellir bezeichnet sowohl einen Vulkan im Zentrum Islands unter dem Gletscher Langjökull als auch das dazugehörige Geothermalgebiet. Das Beste: Zum Camp gehört eine eigene natürliche Felsenwanne von ca. 25 Quadratmetern, welche mit 40 Grad heißem Wasser so ziemlich zu jeder Tageszeit zum Baden und Entspannen einlädt. Kaum ist unser Zelt aufgebaut, sind wir da auch schon drin. Wir lernen den Isländer Olafur kennen, der lange Jahre hier in Hveravellir gearbeitet und auch schon mehrere Winter die Wetterstation betreut hat. Von ihm erfahren wir aus erster Hand, wie allgegenwärtig der Klimawandel für die Menschen hier zu erleben ist. Die Gletscherzungen ziehen sich in atemberaubendem Tempo zurück; jeden Sommer hat Olafur Gletschertouren auf enen Gletscher nahe Hveravellir mit Touristen unternommen, aber seit 2013 ist dies nicht mehr möglich, da die Gletscherzunge geschmolzen ist; heute wäre es viel zu steil und damit zu gefährlich, einen Aufstieg zu versuchen. Außerdem erzählt er uns, dass die Baumgrenze von 400m auf jetzt 650m gestiegen sei. All das erfüllt viele Menschen hier mit Furcht, das diese Veränderungen hier sehr schwer nur ignorierbar sind.

Auch bei unseren Wanderungen rund um Hveravellir fühlen wir uns wie auf dem Mond und begegnen während unserer fünfstündigen Wanderung keiner Menschenseele. Und nach 3 Wochen Zelten in Island freuen wir uns alle über ein richtiges Bett in unserer zweiten Nacht. Als dann zum Frühstück noch ein kleines Buffet aufgebaut ist, flippen unsere Kinder regelrecht aus…

Auf der Rückfahrt nach Reykjavik warten dann noch 2 richtige Island-Klassiker auf uns: Der mächtige Wasserfall Gullfoss und der regelmäßig aktive Geysir Strokkur sind zurecht in jedem Reiseführer als absolute Highlights genannt.

Zurück in Reykjavik haben wir noch eine weitere Aktivität geplant: Wir wollen zum seit März 2021 aktiven Vulkan Fagradalsfjall, der etwa 40 Autominuten von Reykjavik entfernt ist, zu dem natürlich aber kein öffentlicher Bus fährt. Glücklicherweise hat uns Olafur in der heißen Quelle von Hveravellir seinen Mietwagen angeboten und bringt ihn uns  am City Camping Platz in Reykjavik vorbei. Am neuen Lavafeld angekommen verschlägt es mir die Sprache. Hier bekomme ich einen kleinen Einblick in die Naturgewalten, welche sich auf dieser Vulkaninsel immer wieder abspielen. Einfach der Wahnsinn.

Starker Wind, Regen und tief hängender Nebel machen uns beim Versuch, den aktiven Vulkan aus nächster Nähe zu sehen, leider einen Strich durch die Rechnung. Nichtsdestotrotz ist auch diese Wanderung ein Abenteuer und unvergesslich.

So sieht es 2 Tage vor unserem Besuch aus (Foto by Yanice Rairat/ France)

Mein Island-Fazit: Die Vielfalt der unterschiedlichsten  Naturschauplätze – einer nach dem anderen – macht mich sprachlos. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis ich diese Flut an neuartigen Eindrücken verarbeitet habe. Dabei scheint Island kein Land der Kulinarik, (abgesehen von den teuren Restaurants natürlich) einen Markt sucht man in ganz Island vergebens und auch Hofläden haben wir keine entdeckt und im Supermarkt ist fast alles Obst und Gemüse importiert. Aber dafür kommt man schließlich nicht nach Island. Überrascht und überwältigt bin ich von der Hilfsbereitschaft der Isländer, denn es ist ihnen nichts zu viel, wenn es darum geht, anderen zu helfen. Davon können sich manch andere Länder einige Scheiben abschneiden. Ich möchte und werde wiederkommen, in dieses atemberaubende, abenteuerliche und aufregende Land im Norden.

Island war schon lange ein heimliches Traumziel, jedoch bisher nicht mit unserem Vorhaben – mit dem Van unterwegs zu sein – kompatibel. Als klar wird, dass wir weitere vier Wochen reparaturbedingt überbrücken müssen, entscheiden wir uns spontan. Drei Tage haben wir recherchiert, einen neuen Campingkocher gekauft, unsere Wanderausrüstung mit ein paar Kleinigkeiten ergänzt, dann das Ganze in unsere nagelneuen Deuter-Trekkingrucksäcke gepackt und schon sind wir da: Island! Rau, karg, unwirklich, wild, mystisch, einfach unglaublich…

1. Teil: Reykjavik (30.07.-02.08.2021)

Schon der Landeanflug zum Flughafen Keflavik liefert das erste Highlight, denn wir fliegen am seit  März 2021 aktiven Vulkan Fagradalfjall vorbei. Rotglühend Lava das erste Mal live sehen ist absolut atemberaubend und wir nehmen uns vor, dieses Spektakel während unseres Aufenthalts noch näher in Augenschein zu nehmen.
Für 3 Nächte bleiben wir in einem Gästezimmer in Reykjavik, denn aufgrund unserer kurzen Vorbereitung ist noch einiges zu organisieren und nicht zuletzt die Stadt zu erkunden. Schnell wird klar, dass wir für eine Island-Erkundung ein Auto, Motorrad oder auch ein Fahrrad benötigen: Nur leider ist unser Wohnmobil ist immer noch in Reparatur, die Fahrräder haben wir daheim gelassen und Mietwägen sind komplett ausgebucht. Die wenigen verfügbaren Angebote an Mietwagen kosten mindestens 300 Euro pro Tag! Also bleiben uns nur öffentliche Busse. Die flexiblen „Umrundungstickets“ mit der Möglichkeit zum jederzeitigen Ein- und Aussteigen, welche wir bei unserer Vorab-Recherche gefunden hatten, sind leider nicht mehr verfügbar. Außerdem sind wohl einige Busunternehmen der Corona-Krise zum Opfer gefallen und von der Bildfläche verschwunden. Erst jetzt wird uns klar:

Reisen mit öffentlichen Bussen ist in Island in manchen Regionen schwieriger als in Nepal oder Bolivien.

Nach einigem Frust machen wir das einzig Richtige, wenn man an bestimmte Infos in Island einfach nicht rankommt: Wir gehen ins Schwimmbad. Überall in Island gibt es öffentliche Bäder mit Hot Tubs, thermale Quellen, heiße Flüsse und in Reykjavik sogar einen Stadtstrand, wo durch Einleitung heißen Wassers ein Bad im Atlantik möglich ist. Gerade die heißen Pools scheinen die Orte zu sein, an denen Isländer sich treffen, sich austauschen und so manches besprochen wird. Und genau dort trifft man auf sehr aufgeschlossene und hilfsbereite Isländer, die uns mit einheimischem Wissen versorgen, welches in keinem Reiseführer steht. Und so helfen auch uns mehrere Hot Tub Talks, auch einen Teil unserer Busprobleme zu lösen.  Also rein ins Abenteuer und raus in die unfassbar schöne Natur Islands, denn ab jetzt sind wir wieder im Zelt und auf Campingplätzen unterwegs. Und wenn wir mal wieder nicht mehr weiterwissen, suchen wir das nächste „Sundlaug“ und setzen uns wieder eine Weile in ein heisses Gewässer…. 

2. Teil: Der Süden (02.08.-11.08.2021):

Da ist es endlich wieder, dieses ganz bestimmte Gefühl von Freiheit, Energie und Abenteuerlust, das sich beim Reisen nach einer Weile bei mir einstellt. Ich denke, dass das Entdecken neuer Länder oder Regionen, das Draussensein in der Natur, nicht zu wissen, wo man die nächste Nacht schlafen wird und das Zeit haben dafür verantwortlich sind. Vor allem anderen aber spielt das Kennenlernen interessanter Menschen und deren Geschichten eine große Rolle.

Bei unserem ersten Stopp in Hveragerdi geht unser Wanderurlaub los, wir erkunden die vielen thermalen Quellen und Baden nach zweieinhalbstündiger Wanderung in einem heissen Fluss.

Spontan entscheiden wir uns dann für einen Besuch der Westmännerinseln. Eine super Entscheidung, wie sich schnell herausstellt. Denn wir übernachten am atemberaubendsten Campingplatz, den ich bisher erleben durfte, wir unternehmen Wanderungen auf einen Vulkan und in die spektakulären Berge, wir beobachten Papageientaucher und gehen ins Schwimmbad mit Trampolinrutsche, dem absoluten Highlight für Basti und Tara. Auffällig ist die entspannte Athmosphäre, hier ist nichts zu spüren von der Hektik, welche auf manchen anderen Campingplätzrn im Süden Islands vorherrscht, um möglichst alle Highlightmöglichst schnell „abzuhaken“. Nach drei statt wie geplant einer Nacht geht es weiter, und der Abschied von dieser großartigen Inselgruppe fällt uns schwer. 

Nach den schwarzen Stränden mit steilen Basaltklippen in Vik schlagen wir in Skaftafell am Rand des Vatnajökull-Gletschers – des grössten Gletschers von Europa – unser Lager auf. Hier herrscht die Atmosphäre eines Himalaya Basecamps, denn von hier aus können Wanderungen zum und auf den Gletscher sowie zu bekannten Wasserfällen unternommen werden. Auch wir entdecken den Vatnajökull Nationalpark mit mehreren Touren und erleben nachts den kalten „Atem“ des Gletschers bei 3 Grad im Zelt.

Diese abwechslungsreiche und atemberaubende Natur von Islands Süden wird uns für immer in Erinnerung bleiben. Mindestens genauso spannend sind jedoch die Begegnungen mit den vielen interessanten Menschen. Mit Frank und Kerstin, die für eineinhalb Jahre um die Welt radeln, mit  der Isländerin Baddy und ihrer Familie, die uns mit der Organisation unserer Busverbindungen geholfen hat, mit Christina und Amelie bei der Bezwingung von 1126 Höhenmetern über dem Vatnajökull inkl. Gipfelwhisky und mit Katharina, der Deutschen Meisterin im Luftgitarre spielen.

Mittlerweile befinden wir 370 km weiter nördlich und sind auf dem Weg zum See Myvatn im Norden von Island. Mehr zu unserer abenteuerlichen Busreise hierher und über Islands Norden gibt´s im nächsten Blog, denn heute feiern wir erstmal Basti‘s 13. Geburtstag… 

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Unser CO2-Ausgleich

„In der Wildnis liegt die Erhaltung der Welt“ (H.D.Thoreau). Grundsätzlich finden wir es am Besten Flüge zu vermeiden. In unserer aktuellen Situation war dies aber sehr schwer umzusetzen. Wir haben uns daher entschieden, das durch uns verursachte CO2 dieses Flugs und unserer danach anstehenden Reise mit dem Wohnmobil mit Hilfe von Wilderness International zu kompensieren. Wir freuen uns, dass wir diese gemeinnützige Organisation entdeckt haben, und sind begeistert von der Transparenz und Nachhaltigkeit, die wir dort sehen.

Einfach loslegen. Mal schauen, wie weit und wohin wir kommen. Ohne Zeitdruck, ohne Vorgaben und ohne konkretes Ziel. Mit unseren Fahrrädern, viel zu schwerem Gepäck und einer gehörigen Portion Abenteuerlust für 16 Tage den Süden Dänemarks erkunden. Dies ist der Reisebericht unserer ersten größeren Radreise als Familie.

Die Vorbereitung:
Die Entscheidung ist schnell gefallen, nachdem wir in Berlin erfahren, dass unser Wohnmobil nun doch noch länger ausfällt: Wir machen eine größere Fahrradtour. Aber wo? Sicher ist von Beginn an, dass wir Campingausrüstung und Zelt mitnehmen wollen, dass es für diese erste Tour hinsichtlich der Höhenmeter nicht gerade eine Alpenüberquerung sein soll und dass wir unbedingt ans Meer wollen. Schnell stoßen wir auf den Ostseeküstenradweg in Dänemark: Flaches Land (meistens!), sehr gute Camping- bzw. Draußen-Übernachten-Infrastruktur und von Berlin aus schnell zu erreichen. Und natürlich ein Radweg, der fast ausschließlich am Meer entlangführt. Worauf warten wir also noch?

Für die Vorbereitung nehmen wir uns 4 Tage Zeit und ich fühle mich, als ob wir zu einer Expedition aufbrechen würden. Die größte Herausforderung: Wie transportieren wir Klamotten, Zelt, Isomatten, Schlafsäcke, Kochutensilien, Verpflegung, Hygieneartikel und Technikequipment? Und das Ganze für 4 Personen… Unsere bislang äußerst spartanische Fahrradausrüstung, bestehend aus 4 alten Radtaschen, reicht dafür bei Weitem nicht aus. Wir beschaffen uns also noch diverse zusätzliche Radtaschen und einen Gepäckanhänger. Bis dies alles besorgt und an den Rädern montiert ist, bleibt schon keine Zeit mehr für Probetouren mit Gepäck. Also einfach loslegen.
(Einen separaten Bericht zu unserer Ausrüstung stellen wir Euch noch zur Verfügung)

Die Anreise:
Wir starten von unserer aktuellen Basis Woltersdorf bei Berlin in strömendem Regen zur Jungfernfahrt mit vollem Gepäck zum nächsten Bahnhof. Mit der Bahn geht´s zunächst nach Berlin und dann weiter zum Hauptbahnhof Rostock und wir stellen fest, dass der Transport von voll beladenen Tourenrädern in einem IC der Deutschen Bahn eine Herausforderung darstellt. Noch interessanter wird´s mit Anhänger, der darf nämlich gar nicht als solches transportiert werden. Also alles raus, den Anhänger zusammenklappen und als Gepäck verstauen… es könnte ja auch einfach sein.
In Rostock gilt es dann bei strahlendem Sonnenschein als erste größere Strecke zum Fährhafen zu radeln, wo wir dann die Fähre nach Gedser / Dänemark besteigen und nach 2 Stunden Fahrt in Dänemark ankommen.

Die Ankunft:
„Endlich in Norwegen!“ Mein lautstarker Ausruf beim Verlassen des Fährhafens in Gedser führt zu einigem Gelächter bei Manu und den Kindern und zur Antwort eines Passanten: „Ihr habt wohl die falsche Fähre erwischt…“
Dänemark begrüßt uns mit herrlichem Wetter und das Licht taucht an diesem Abend die Kornfelder in ein magisch goldenes Licht. Es ist windstill, angenehm warm und ich fühle mich irgendwie erleichtert und energiegeladen als wir  an diesem Abend in unser Rad-Abenteuer starten.
Die Menschen sind sehr entspannt und hilfsbereit, alles wirkt ordentlich und sehr gepflegt, viele Grasflächen, Häuser mit Reetdächern – das muss es sein, das Auenland von Europa. 

Unser Tagesablauf:
Bei überwiegend optimalem Radfahr-Wetter (Sonne und Wolken im Wechsel, 20-24 Grad) verbringen wir eine tolle Zeit auf unserer Tour. Meist wachen wir zwischen 7:00 und 08:00 Uhr morgens auf, je nachdem wie schnell die Sonne unser Zelt erhitzt. Nach einem ausgiebigen Frühstück startet der Abbau und das Verstauen unseres Gepäcks. Jedes Mal fühlt es sich so an, als hätten wir am Vortag sämtliche Taschen zur Gänze ausgeräumt und überall verstreut. Aber sowohl Ab- als auch Aufbau erledigen wir mit jedem Mal schneller und ich werde immer stolzer, unsere Familie so im Einklang und als Einheit zu erleben. Zwischen 10:00 und 11:00 Uhr beginnt dann der Tag auf dem Fahrrad – wie schon erwähnt, ohne Zeitdruck und ohne Vorgaben. Beim Losradeln haben wir an keinem Tag ein schon festgelegtes Ziel für die kommende Nacht. Und durch die hervorragende Infrastruktur und die diversen Camping- und Outdoor-Übernachtungsmöglichkeiten in Dänemark (siehe Infobox) wird diese Lockerheit noch verstärkt, vielleicht auch erst möglich gemacht.
Nach diversen Pausen – oft auch mit einem Bad in der Ostsee  verbunden – und einer durchschnittlichen Fahrstrecke von 30-35 km pro Tag lassen wir es meist gegen 16:00 Uhr auch gut sein und schlagen unser Nachtlager auf einem der vielen Shelter- oder Campingplätze auf. Jetzt haben wir Zeit. Zeit für gemeinsames Baden gehen, spielen, rumalbern, kochen und auch zum Kennenlernen vieler netter Menschen. Oft klingt der Tag an einem Lagerfeuer gemütlich aus.

Highlights und Herausforderungen:
Das wirkliche Highlight dieser Radtour ist es, Zeit zu haben. Nie zuvor waren wir als Familie unterwegs ohne Tagesziel, ohne Planung, ohne vorher festgelegte Route und ohne Enddatum. Alleine dieser Umstand gibt der Tour etwas Unbeschreibliches. Er nimmt Druck raus, macht uns gelassen und lässt uns entspannt sein. Mir fällt schnell auf, wie viel wir miteinander lachen, wie wir aufeinander eingehen, wie wenig wir streiten… 

Und auch die Umgebung trägt zu unserer Ausgelassenheit bei. Wir radeln auf oft asphaltierten Radwegen durch abwechslungsreiche Landschaften auf der Insel Falster, durch Felder, vorbei an malerischen Ortschaften und durch Waldstücke, das Meer immer im Blick. Über die kleine Insel Bogø geht’s dann auf die Insel Møn, wo die größten Highlights der Tour auf uns warten. Denn ganz im Osten der Insel wird’s plötzlich hügelig und der unablässige Gegenwind dieses Tages macht die Sache nicht gerade einfacher. Doch dann stehen wir oben auf den atemberaubenden Kreidefelsen, mehr als 700 Treppenstufen über dem Meeresspiegel (die es runter- und wieder raufgeht!). 


Schon am Vorabend durften wir das absolute Highlight für unsere beiden Kinder miterleben: 

Papa, Mama, das hier ist das Paradies. Hier bleiben wir. Wir fahren keinen Meter mehr weiter!

Gemeint ist damit der mit Pool, Tennisplatz, Minigolf und Airtrack ausgestattete Campingplatz nahe der Kreidefelsen „Møns Clint“. Damit ist der Plan, etwas günstiger auf einem Shelter-Platz nahe der Klippen unterzukommen komplett im Eimer und wir verbringen zwei Nächte kurzerhand im Paradies. 
Einige Tage später dann das Paradies für die Eltern: Das Zelt steht direkt auf der Düne und wir schauen durch das Moskitonetz unseres Zeltes beim Aufwachen direkt aufs Wasser. Es gibt einen schönen Strand und wir sind im karibischen Teil von Dänemark angekommen. Harbølle Strand Camping. Wir vergessen für einige Tage das Fahrradfahren und genießen das Strandleben bei sommerlichen 26 Grad und Sonne satt. Genau das Richtige für uns nach einer kräftezehrenden Vorbereitungszeit, nach all den Rückschlägen und Verzögerungen und einigen ungewohnten Tagen auf unseren Drahteseln. Jetzt sind wir mittendrin in unserer großen Reise.

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Übernachtungs-/Campingmöglichkeiten beim Radwandern in Dänemark

Anders als im benachbarten Schweden ist das Wildcampen in Dänemark grundsätzlich verboten. Allerdings stehen neben den traditionellen Campingplätzen auch speziell dafür ausgelegte Naturlagerplätze zur Verfügung, auf denen das Zelten gestattet ist. Das sind rund 1.500 einfache Zeltplätze auf privaten Grundstücken wie Bauernhöfen, auf kommunalem Grund und auf Flächen des Umwelt- und Naturschutzministeriums. Sie sind oft mit so genannten Sheltern ausgestattet, es kann aber auch eine große Wiese für Zelte sein, oder beides. Teilweise sind diese einfachen, niedrigen Holzhütten im Vorfeld reservierbar. Die Anzahl der Nächte, die auf dem Platz erlaubt sind, kann je nach Andrang oder Jahreszeit variieren. Das ist aber bei der Buchung erkennbar. Eine App namens „Shelter“ ist kostenlos verfügbar und gibt einen Überblick über Sheltermöglichkeiten in allen Teilen Dänemarks.


Und dann kommt sie doch noch. Unsere Nacht in einem der so zahlreichen Shelter, dieser niedrigen blockhüttenähnlichen Unterstände, die als Nachtlager genutzt werden. Wir sind auf dem Weg zurück Richtung Fähre und finden ein abgelegenes kleines Plätzchen mitten in Kornfeldern. Wir entschließen uns, endlich eine Nacht noch mehr draußen als im Zelt zu verbringen. Es kostet Überwindung, nachdem wir schon einige Spinnen-Erfahrungen in diesen Shelter gemacht haben und dann kurz vorm Einschlafen auch direkt über Bastian´s Kopf auch noch eine stattliche Hausspinne auftaucht. Aber die Überwindung lohnt sich, so wie es meistens ist, wenn man seine Komfortzone verlässt…

Fazit:
Diese Radreise ist für uns genau der richtige Einstieg in unsere gemeinsame Reisezeit, und es ist ein absolutes Privileg, ohne Zeitdruck, ohne Rückfahrticket und ohne Route unterwegs zu sein. Dieses Abenteuer schweißt uns als Familie zusammen, ich staune über die Leistung meiner beiden Kinder, denn letztendlich werden es über 330km, die wir in den 16 Tagen zurücklegen… 

Ich persönlich spüre, wie das Draußen sein mich mit Energie auflädt. Ich merke, wie wertvoll ein solches Erlebnis ist und ich bin etwas deprimiert, als wir die Zugtickets von Rostock zurück nach Berlin buchen. Gleichzeitig setzen in meinem Kopf schon die ersten Ideen zur Optimierung unseres Radreisegepäcks ein und ich kann unsere nächste Tour kaum erwarten…

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Navigation / Streckenführung

Basis für unsere Tour war der Ostseeküstenradweg N8 (Østersøruten), der sich wie eine 8 über 820km über die süddänische Inselwelt legt. Da wir nur auf den drei Inseln Falster, Bogø und Møn unterwegs waren, haben wir zum Teil alternative Routen gewählt, welche z.B. im Nordwesten von Falster direkt an der Küste entlang führten und damit unsere Rückfahrt zur Fähre bildeten. Dabei ist eine Übersicht des Radwegnetzes inkl. der Bezeichnungen der jeweiligen Radwege sehr hilfreich. Für viele Navigationsaufgaben mit Rad oder beim Wandern nutze ich die App „Komoot“, allerdings fehlt hier die OpenCycleMap Ansicht, bei der alle Radwege mit Bezeichnungen aufgeführt sind. Hierfür bekamen wir unterwegs von anderen Radreisenden den Tipp, die ebenfalls kostenlos App „View Ranger“ zu nutzen. In dieser App ist die OpenCycleMap enthalten und auch hier lassen sich Routen manuell planen, speichern und aufzeichnen.

Wohin werden wir reisen können? Wird es uns überhaupt möglich sein aufzubrechen, und wann? Wie wird sich die Corona-Situation weiter entwickeln? Wird unser Wohnmobil rechtzeitig fertig? Finden wir Zwischenmieter für unsere Wohnung? All diese Fragen stellen wir uns täglich, immer und immer wieder.

Zeit für einen Lagebericht…

Das neue Jahr startet für uns genauso wie das alte aufhörte: Der Lockdown hat uns fest im Griff, tägliche Videokonferenzen bestimmen den Tagesablauf unserer Kinder, wir entrümpeln immer noch, die Fertigstellung unseres Wohnmobils ist noch lange nicht in Sicht und wir haben keine Ahnung, wie unsere Reise überhaupt aussehen kann. Unsere Unsicherheit und Zweifel waren noch nie größer als jetzt!

Und doch ist auch Fortschritt erkennbar:

Mein Job ist gekündigt, Mitarbeiter und Kollegen sind informiert und das Arbeitsamt weiß auch Bescheid. Manu ist schon im Sabbatical und hat dadurch mehr Zeit für den Corona Homeschooling Alltag und die Bedürfnisse unserer Kinder, denen diese außergewöhnliche Corona-Zeit auch schwer fällt (auch wenn sie etwas länger schlafen dürfen, weil der Schulweg wegfällt). 

Wir setzen mehr und mehr Häkchen auf unserer Vorbereitungsliste: Wir haben Verträge gekündigt (unglaublich, wie viele Abos sich im Laufe der Zeit ansammeln), neue Reisepässe erhalten, die Ebook Reader eingerichtet, unser Technik Equipment trudelt nach und nach ein, die Reiseapotheke wächst, wird reduziert und wieder erweitert, die letzten Arzt-Check-ups werden vereinbart und unsere Meerschweinchen haben eine liebevolle Pflegefamilie gefunden, zu der sie im Frühling umziehen. 

Manu sammelt zudem mit diversen Fortbildungen noch neues Yoga-Know-How (und erweitert damit unser mentales Equipment), wir haben großartige Wanderrucksäcke entdeckt, um mehrtägige Touren machen zu können und diese auf unsere Deuter-Wunschliste geschrieben. Außerdem haben wir tolle gebrauchte Bikes erstanden, die immer dann zum Einsatz kommen werden, wenn unser 4,9t Wohnmobil stehen bleibt. 

Die Aufzählung aller Aspekte würde jetzt den Rahmen sprengen und doch gibt es einen, der Manu und mich besonders berührt: Basti und Tara planen immer mehr mit, sie stellen viele Fragen, helfen bei der Suche nach Zwischenmietern und sie überlegen sich häufiger: Welche Dinge (Bücher, Fotos von Freunden, Tagebücher, Lieblingsmusik, Lieblingsstifte, Lieblingsspiele, Lieblingslern-Sachen (räusper) sind mir wirklich wichtig, so dass ich sie unbedingt ins Wohnmobil mitnehmen möchte?

Wir freuen uns auf unsere große Reise und sind davon überzeugt, dass wir, trotz pandemiebedingter Umstände, viel entdecken werden, eine unvergessliche Zeit miteinander verleben, unglaubliche Erfahrungen machen und bereichernde Begegnungen mit vielen interessanten Menschen haben werden.

Sind wir deshalb unvorsichtig und naiv oder optimistisch und mutig?

Mutig zu sein, bedeutet für uns nicht, dass wir keine Angst, keine Unsicherheit empfinden. Mutig zu sein bedeutet für uns, dass unser Wille, diese Reise zu unternehmen stärker ist als die Angst. Und wir sind uns sehr sicher: 

Unsere Reise wird – bei aller Vorsicht – im Mai starten. Und Euch nehmen wir mit!

Der Geruch nach frischem Holz – dieser Geruch begrüßt mich nun schon ein paar Wochen lang bei jedem Betreten von KAZYmir, unserem Wohnmobil. Es war hart, herausfordernd und hat unendlich viel Kraft und Durchhaltevermögen gekostet, aber nun liegt das Schlimmste hinter uns: KAZYmir ist wieder dicht.

Unser „Wohnzimmer“ vorher & nachher

Ein halbes Jahr hat es gedauert, unser ehemaliges Sorgen-Mobil komplett zu entkernen, sämtliche vom Wasserschaden betroffenen Decken-, Wand- und Bodenpartien in allen Teilen des Wohnaufbaus und auch der Heckgarage auszutauschen und die Aufbauplanung fertigzustellen.

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Unser neues Heckbett

Einerseits bin ich unglaublich erleichtert, andererseits spüre ich einen riesigen Schub neuer Energie, denn nun geht es endlich an den Wiederaufbau. Allem voran die Elektroinstallation erfordert nun nächtelange Recherche, Tüftelei und detaillierte, vorausschauende Planung. Ich bin gefordert, aber dank der kürzlich freigesetzten Energie macht das Ganze auch wieder Spass. Denn ich sehe Licht am Horizont. Ich erkenne eine Perspektive. Ich kann mir den Aufbruch zu unserer langen Reise, die erste Übernachtung und unseren Alltag in unseren neuen Tiny House richtig vorstellen. Und das vor allem durch die harte Arbeit von Peter, die konstante Hilfe meiner Eltern, die Gelassenheit meiner Kinder während all der Wochenenden ohne Papazeit und die detaillierte Planung unseres zukünftigen Zuhause auf Rädern von und mit Manu.

Here we go – Elektro!