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Abenteuerliche Radtouren, abwechslungsreiche Wanderungen, Zelten in der atemberaubenden Natur, Baden in türkisblauen Flüssen und Seen, Stand-up paddeln im Meer – in den letzten 150 Tagen unserer Reise haben wir wirklich schon so Einiges erlebt. Leicht kann der Eindruck entstehen, dass wir von einem Highlight ins nächste hetzen. Doch immer wieder finden wir Orte, wo wir länger bleiben können und Zeit haben. Zeit für uns selbst und als Familie, Zeit zum Organisieren, Zeit zum Aufarbeiten unserer Erlebnisse und Zeit zum Durchatmen und Luft holen. Im Oktober finden wir an Albaniens Küste gleich zwei solcher Orte… 

Strand Nr. 1: Gestrandet bei Mario
Eigentlich wollten wir nur mal kurz ans Meer, die Füße reinstrecken, vielleicht eine Nacht bleiben und dann weiter Richtung Süden fahren… Aber kaum sind wir bei Marios Strandbar angekommen, spüren wir, dass wir an einem ganz besonderen Platz gelandet sind. Die Bar hat seit Anfang Oktober geschlossen, aber wir werden sofort herzlich von Christiana und Marc begrüßt. Christiana ist Albanerin, Marc ist Kanadier. Kennengelernt haben sich die Beiden vor ein paar Jahren in Ecuador. Seit 2019 leben sie zusammen in Albanien. Globalisierung eben. Die Ruhe, Ausgeglichenheit und die positive Einstellung der Beiden wirkt sofort ansteckend auf uns. Die Skepsis, die sich manchmal einschleicht, wenn wir an fremden und etwas einsamen potentiellen Übernachtungsplätzen ankommen, ist sofort wie weggeblasen. Wir fühlen uns einfach nur willkommen. 15 Minuten nach einer kurzen WhatsApp Nachricht an Mario lernen wir dann auch den Besitzer des Restaurants kennen und sind begeistert von so viel Gastfreundschaft (mehr Infos zu Mario findest Du hier).

In den nächsten Tagen kommen zu unserer kleinen Truppe immer neue Reisende hinzu: Die Österreicher Lisbeth und Wilfried reisen bereits seit mehreren Jahren durch jedes Land Europas, um dort interessante Menschen zu porträtieren und ihre Geschichte zu erfahren (www.face-europe.eu). Xhuljeta ist eine in Italien lebende Albanerin, die ihre alte Heimat mit dem Rad für einige Monate wieder neu erkundet. Felix aus Köln wollte eigentlich im Frühjahr 2021 mit einem Kumpel für 3 Monate durch ganz Albanien reisen, ihr erster Stopp war Marios Strandbar und dorr blieben sie dann auch. Sie halfen Mario und seiner Familie beim Ausbau ihres Restaurants und nun kommt er nach einem kurzen Aufenthalt in Deutschland  wieder zurück zur Strandbar, um Mario zu überraschen. Wir erleben die Freude Marios, als er seinen „Brother Felix“ begeistert begrüßt, gehört dieser mittlerweile schon fest dazu und wird wie ein Teil von Mario´s Familie behandelt. Und schließlich erweitern Sarah und Tobi (nexttripahead bei Instagram) unsere Runde, die beiden reisen für unbestimmte Zeit mit ihrem Van durch Europa und vielleicht noch weiter.
Zusammen mit dieser großartigen Truppe genießen wir die Zeit, frühstücken in der Sonne am Strand, führen lange und intensive Gespräche, vertreiben uns die immer wieder einsetzende Regenzeit auf der überdachten Veranda und sitzen abends gemeinsam am Lagerfeuer. Und doch hat jeder von uns genug Zeit für sich und für die Familie. Es tut so gut, sich treiben zu lassen, sich von anderen Menschen begeistern und inspirieren zu lassen und alternative Lebensmodelle von anderen Reisenden kennenzulernen. Und natürlich bekommen wir hier auch tiefe Einblicke in die Lebensart  und Kultur von Albanien durch Berichte und Geschichten von Mario, Xhuljeta und Christiana…

Und plötzlich bekommen wir auch noch Familienzuwachs in Form von Djella (albanisch für „Kleine Sonne“), einer 7 Monate alten Hündin, die unweit der Bar von einer Familie aus Müllsack und Mülltonne befreit wurde und dann von Xhuljeta mit zum Strand gebracht wird. In der Hoffnung, dass sie dort als „beach stray dog“ bessere Überlebenschancen hat. Hier angekommen flüchtet sie vor den anderen Straßenhunden unter unser fahrbares Zuhause und… geht von dort nicht mehr weg. Wir sind verwirrt, wollten wir uns doch erst nach unserere Reise nach einem vierbeinigen Familienzuwachs umschauen. Doch nachdem dieser kleine verängstigte Hund unter unserem Auto sitzt, nimmt das Leben seinen Lauf… Sie wächst uns ans Herz und wir stellen allmählich fest, dass wir sie nicht einfach zurück lasen können, in einem elenden Leben als Straßenhund. Also geht´s nach Tierarztbesuch, nach dem Erhalt der notwendigen Papiere und nach einer unvergesslichen Woche in Mario´s Strandbar für uns zu fünft weiter. 

Strand Nr. 2: Beachlife am Bunec Beach
Wir haben Manuel, auch Manu genannt, und Sassi am Tag vor unserer Tour in die albanischen Alpen auf dem Campingplatz in Shkodra kennengelernt. Die beiden kommen aus Ravensburg und sind zusammen mit ihrem elf Monate alten Sohn Pepe ebenfalls im Wohnmobil unterwegs. Auf unbestimmte Zeit, denn die drei lassen sich treiben, so ganz ohne Reiseführer und voller Lebensneugier, wo es als nächstes hingehen soll…
Wir halten Kontakt und treffen die beiden wieder am Bunec Beach, im Süden von Albanien, wo sie bei unserer Ankunft schon eine Woche verbracht haben und von der Location absolut begeistert sind. Wir stehen auf einem Parkplatz direkt am Strand, in einer schönen Bucht mit absolut klarem, türkisfarbenem Wasser. Einziger Wehrmutstropfen ist der Müll, der auch hier am Rand des Parkplatzes einfach nicht abgeholt wird und das kleine Paradies „befleckt“.

Auch hier gesellt sich eine weitere Familie dazu: Ayelet und Mate sind aus Rumänien und Israel und reisen mit ihren beiden Kindern mal im Wohnmobil, mal via Flugzeug in verschiedene Länder. 

Und auch hier haben wir Zeit. Zeit, um Tara und Basti bei ihren Schulaufgaben zu betreuen. Zeit für Yoga, alleine und in der Gruppe. Zeit, mal die Gitarre rauszuholen und Musik zu machen. Zeit für Lagerfeuer am Abend. Und Zeit, um mit allen drei Familien gemeinsam fantastische Multi-Kulti Abendessen zuzubereiten und gemeinsam zu essen.

Diese Art zu Leben klingt in solchen Berichten immer wie Urlaub, es gehören allerdings auch eine Menge Organisation und täglich anfallende Arbeiten hinzu. Denn auf Übernachtungsplätzen wie diesen, in denen man „frei steht“, gibt es wenig oder manchmal gar keine Infrastruktur und man ist auf ein Reisemobil angewiesen, das einem die Möglichkeit gibt, eine gewisse Zeit autark zu sein. Wie lange reicht das Wasser in unserem Frischwassertank noch, welches wir dank unseres Wasserfilters auch trinken? Wo können wir unser Abwasser entleeren? Wo können wir den anfallenden Müll (auch aus unserer Trocken-Trenntoilette) entsorgen? Wie ist der Ladestand unserer Batterie während einer Schlechtwetterperiode, wenn unsere sechs Solarpaneele nicht mehr genügend Strom liefern? Und zu alldem gibt es immer wieder kleine Schönheitsreparaturen an unserem 29-jährigen treuen Gefährt KAZYmir… Es ist einfach unglaublich, wie schnell damit so ein Tag vergehen kann.

Und schneller als wir es nachvollziehen können, geht auch diese Episode nach einer Woche zu Ende und es heißt wieder „Aufbruch“. Für Ayelet und ihre Familie geht´s nach Norden, Manu und Sassi fahren mit uns gemeinsam weiter in die Berge im Süden Albaniens… Aber das ist eine andere Geschichte!

English Version:
 

Adventurous bike tours, varied hikes, camping in the breathtaking nature, swimming in turquoise rivers and lakes, stand-up paddling in the sea – in the last 150 days of our trip we have really experienced quite a lot. It is easy to get the impression that we are rushing from one highlight to the next. But again and again we find places where we can stay longer and have time. Time for ourselves and as a family, time to organize, time to catch up on our experiences and time to breathe and catch our breath. In October, we find two such places on Albania’s coast…. 

Beach No. 1: Stranded with Mario

Actually, we just wanted to go to the sea, put our feet in, maybe stay one night and then continue south… But as soon as we arrive at Mario’s beach bar, we feel that we have landed in a very special place. The bar has been closed since the beginning of October, but we are immediately greeted warmly by Christiana and Marc. Christiana is Albanian, Marc is Canadian. The two got to know each other a few years ago in Ecuador. Since 2019 they live together in Albania. Globalization. The calmness, balance and positive attitude of the two immediately has a contagious effect on us. The skepticism that sometimes creeps in when we arrive at strange and somewhat lonely potential overnight places is immediately blown away. We just feel welcome. 15 minutes after a short WhatsApp message to Mario, we then also get to know the owner of the restaurant and are thrilled by so much hospitality. 

Over the next few days, our small troop is joined by more and more new travelers: Austrians Lisbeth and Wilfried have been traveling through every country in Europe for several years, portraying interesting people there and learning their stories (www.face-europe.eu). Xhuljeta is an Albanian living in Italy who is re-exploring her old homeland by bike for a few months. Felix from Cologne actually wanted to travel all over Albania with a buddy for 3 months in spring 2021, their first stop was Mario’s beach bar and dorr they stayed. They helped Mario and his family to expand their restaurant and now he comes back to the beach bar after a short stay in Germany to surprise Mario. We witness Mario’s joy as he enthusiastically welcomes his „Brother Felix“, who has become a permanent part of Mario’s family. And finally, Sarah and Tobi (nexttripahead on Instagram) expand our round, the two travel for an undetermined time with their van through Europe and maybe even further.

Together with this great bunch we enjoy the time, have breakfast in the sun on the beach, have long and intense conversations, pass the ever-present rainy season on the covered porch and sit together around the campfire in the evening. And yet each of us has enough time for himself and for the family. It feels so good to let ourselves drift, to be inspired and inspired by other people and to get to know alternative life models of other travelers. And of course we get deep insights into the way of life and culture of Albania through reports and stories of Mario, Xhuljeta and Christiana… 
 

And suddenly we get a new addition to the family in the form of Djella (Albanian for „little sun“), a 7-month-old bitch who was rescued from a garbage bag and garbage can by a family not far from the bar and then brought to the beach by Xhuljeta. In the hope that she has better chances of survival there as a „beach stray dog“. Once here, she flees from the other street dogs under our mobile home and… won’t leave from there. We are confused, we wanted to look for a four-legged family addition only after our trip. But after this little scared dog sits under our car, life takes its course… She grows on us and we gradually realize that we can’t just leave her behind, in a miserable life as a street dog. So after a visit to the vet, after getting the necessary papers and after an unforgettable week at Mario’s beach bar, the five of us move on. 

Beach No. 2: Beachlife at Bunec Beach

We met Manuel, also called Manu, and Sassi the day before our tour to the Albanian Alps at the campsite in Shkodra. The two come from Ravensburg and are also traveling in a camper together with their eleven-month-old son Pepe. For an indefinite period of time, because the three of them let themselves drift, completely without a travel guide and full of curiosity about where to go next…

We keep in touch and meet them again at Bunec Beach, in the south of Albania, where they have already spent a week when we arrived and are absolutely thrilled by the location. We are parked directly on the beach, in a beautiful bay with absolutely clear, turquoise water. The only downer is the garbage, which is simply not picked up here at the edge of the parking lot and „stains“ the little paradise.

Here, too, another family joins us: Ayelet and Mate are from Romania and Israel and travel with their two children sometimes in a camper, sometimes via plane to different countries. 

And here, too, we have time. Time to help Tara and Basti with their schoolwork. Time for yoga, alone and in a group. Time to get out the guitar and make music. Time for campfires in the evening. And time to prepare fantastic multi-cultural dinners with all three families and eat together.

This way of life always sounds like a vacation in such reports, but it also involves a lot of organization and daily work. Because at overnight campsites like these, where you „stand free“, there is little or sometimes no infrastructure and you are dependent on a motorhome that gives you the opportunity to be self-sufficient for a certain time. How long will the water in our fresh water tank last, which we also drink thanks to our water filter? Where can we empty our waste water? Where can we dispose of the garbage we produce (also from our dry separation toilet)? What is the charge level of our battery during a bad weather period, when our six solar panels do not provide enough power? And on top of all that, there are always little cosmetic repairs to be done on our 29-year-old faithful vehicle, KAZYmir… It’s just amazing how quickly that can make a day go by.

And faster than we can comprehend, this episode also comes to an end after one week and it’s time to leave again. For Ayelet and her family it’s going to the north, Manu and Sassi continue with us to the mountains in the south of Albania… But that’s another story!

Jeder Ort, den wir bereisen, hinterlässt ein bestimmtes Gefühl. „4malHorizont – Biking Denmark“ vermittelt Impressionen unserer 16-tägigen Radtour mit Zelt durch den Süden Dänemarks.

Wir wünschen Dir viel Spaß beim Ansehen!

Every place we travel to leaves a certain feeling. „4malHorizont – Biking Denmark“ provides impressions of our 16-day cycling tour through the south of Denmark.
Enjoy!

Das ist es. Mein Motto für den ersten Teil unserer großen Reise. Diese beiden Eigenschaften sind es, die ich meistern will, in denen ich besser werden will. Aber alleine bei diesem Vorsatz stellen sich mir schon unzählige Fragen: Bis wohin oder wann geht der erste Teil unserer Reise? Kann man ein solches Thema überhaupt mit einem Teil einer solchen Reise verbinden? Ist dieser Vorsatz nicht schon viel zu groß, reicht denn nicht eins von beiden? Ist es überhaupt möglich, geduldiger zu werden ohne auch gelassener zu sein?

Im letzten Winter, als wir mitten in den Reisevorbereitungen steckten, kam mir die Idee, jeden Reiseabschnitt unter ein bestimmtes Thema zu stellen. Dieses Thema soll gleichzeitig eine Chance für mich sein, mich selbst herauszufordern und zu lernen. Auch denke ich, dass wir den Beginn eines neuen Reiseabschnitts sehr schnell bemerken werden, wenn er da ist. Ich werde gar nicht erst versuchen, diese Etappen vorher zu planen.

Und ja, das Verbessern der oben genannten Eigenschaften gleich zu Beginn ist ein ordentlicher „Brocken“, aber genau diese beiden sind es, die ich bei unserem (doch etwas holprigen) Start in unser großes Abenteuer jetzt benötige und somit bestens trainieren kann.

Woltersdorf bei Berlin. 26. Juni 2021. 19 Uhr. Wir haben es geschafft. Hinter uns liegen die ersten ca. 700km, KAZYmir hat geschnurrt wie ein Kätzchen. Vor uns liegen ein paar Tage Entspannen am Kalksee bei meinem Bruder Eric. Er wohnt traumhaft mit Blick auf den See, liebevoll gestaltetem Garten und einer Parkmöglichkeit für KAZYmir direkt vor dem Haus. Wir verbringen ein sehr entspanntes Wochenende mit Schwimmen, Stand-up paddeln und leckerem Essen. Montags dann doch sicherheitshalber ein Anruf beim Bosch Service in Berlin, den Spezialisten für eine weitere Einschätzung zu einigen im Kraftstoffsystem gefundenen Spänen bei der Reparatur in Karlsruhe. Aussage Karlsruhe: „Muss halt irgendwann mal gemacht werden. Kann in 200 oder 20.000km sein.“. Aussage Berlin: „Am besten starten Sie das Auto nicht mehr. Das muss sofort gemacht werden, dass sich die Späne nicht ausbreiten können… Den nächsten freien Termin haben wir aber erst in 3 Wochen… Bringen Sie das Fahrzeug in ner Woche vorbei, aber nehmen Sie sich die nächsten 2-3 Wochen danach keine Reise damit vor… und es kann teuer werden.“ Wir reagieren einigermaßen gelassen, man gewöhnt sich offenbar an alles. Und Geduld brauchen wir auch mal wieder, da wir nicht wissen, wann wir unser Problemkind wieder abholen können. Und an dieser Stelle fühle ich mich schuldig, da Euch selbst beim Lesen dieser Ereignisse inzwischen wahrscheinlich schon langweilig wird???

Ulvshale bei Stege, Insel Moen, Dänemark. 12. Juli 2021. Wieder 19 Uhr. Es ist viel passiert seither… Wir haben unseren Kindern einige der wie leergefegten touristischen Attraktionen von Berlin gezeigt – es macht irgendwie Sinn, bei der eigenen Hauptstadt anzufangen, bevor wir in die Ferne aufbrechen. Nach weiteren Kalksee-Tagen voller Recherche und Organisation sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Meine Geduld wird wieder mal auf die Probe gestellt, und dann brechen wir auf. Zu viert, mit vier schwer bepackten Fahrrädern, einem Lastenanhänger voller Camping-Equipment und viel Abenteuerlust. Der Ostseeküstenradweg in Dänemark soll es sein. Unsere erste mehrtägige Fahrradtour mit unseren Kindern überhaupt. Ohne Generalprobe. Gelassen bleiben. Heute ist unser sechster Tag. Von der Werkstatt gibt es noch keine Neuigkeiten. Geduld.

Das Wichtigste ist: Wir sind angekommen. Im Abenteuer. Wir sind mitten drin in unserer Reise. Endlich.

Wisst ihr denn schon, wann genau, wohin genau?  Die Antwort darauf ist aktuell noch ein klares JEIN. Aber wir wissen, dass Kazymir in zwei Wochen unser neues Zuhause sein wird… und wieder ein Schritt auf unserem Weg…

Nachdem wir den April mit all seinen ungeplanten Herausforderungen endlich hinter uns lassen können, starten wir hier im Mai in die heiße Phase vor dem Reisebeginn. Dabei sind Kopf und Herz, Verstand und Bauchgefühl, permanent im Zwiegespräch. Mein eigenes, inneres, meines mit dem meines Mannes, meines mit dem meines Sohnes, meines mit dem meiner Tochter…Und jeder Tag ist  voller Zeitsprünge, in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in die Zukunft,  innerhalb weniger Augenblicke. Und meist steht die Frage dahinter: Was bedeutet es mir, kann es gehen, soll es bleiben, brauchen wir es auf unserer Reise? Was ist denn jetzt das Wesentliche? Und ist das Wesentliche für meinen Kopf das gleiche wie für mein Herz? Wie ist das bei euch?

Ja, und wir? Wir sortieren und packen Kisten, momentan gönnen wir uns noch den Luxus nicht einfach alles hektisch in Kisten zu packen (note to myself: mal sehen, wie lange noch), sondern dabei auch zu sortieren in: „Brauche ich nicht mehr“, „brauche ich nach der Reise“ und „brauche ich auf der Reise“. Dieses achtsame und hinterfragende Betrachten von mehr als 10 Jahren Familienleben in diesen 4 Wänden, diese vielen kleinen Schätze, Kinderzeichnungen, Erinnerungen, Gegenstände, Spielsachen, Kuscheltiere, Bücher sind das Eine. 

Dann sind da noch unsere To-Do Listen für jeden Raum, die allgegenwärtig an der Eingangstür hängen, die immer wieder ein Häkchen erhalten (Abhaken = großartig) haben. Und wir merken beim Aussortieren, Verkaufen und Verschenken… mit jeder Kiste wird es leichter. Nicht nur dieses Haus, sondern auch wir. Das tut gut. Eigentlich, denke ich, sollte man alle paar Jahre zumindest so tun, als würde man ausziehen und mindestens zwei (besser vier) Wochen Zeit haben… so kann man wirklich einigen Ballast abwerfen und die Dinge, die uns wirklich glücklich machen, entsprechend würdigen, die Fotos endlich einkleben, die Kinder-Malereien endlich mal zu einem Buch binden lassen und die aufgegangene Naht am Lieblingskleid endlich mal nähen. Kennt ihr das? Diese Kiste mit unvollendeten Projekten? Nicht, dass wir die jetzt alle erledigen könnten, aber manches vielleicht schon, und anderes darf einfach gehen… weil es einfach nicht mehr wesentlich ist und ein kleines unvollendetes Projekt darf dann auch noch in eine Kiste wandern (Psst, aber nicht Adrian erzählen).

 Unserer tierischen Mitbewohner, die Meeris und die Fische haben den Umzug in ihre liebevollen Pflegefamilien gemeistert. Das war ein großer Sorgen-Punkt auf unserer Liste. Wer wird sich um unserer Tiere kümmern? Wie wird es für die Kinder? Basti und Tara schwanken noch zwischen Abschiedsschmerz und dem Wissen, dass es ihren Tieren dort echt gut geht. Daher ist es toll, dass sie jederzeit zu unseren Freunden radeln können, um ihre Meeris zu besuchen. 

Und dann ist da noch das Andere:  die Orte. Zuhause. Und doch sind es viele kleine Orte, denen unser Herz gehört. Orte, die wir mit Erlebnissen verbinden, die uns glücklich machen: der Balkon zum Frühstücken, der Lieblingssessel zum Lesen, das Trampolin auf dem Kinder und Meerschweinchen gemeinsam gekuschelt haben (note to all: Don’t worry, es wurde nicht gesprungen, sondern Mensch und Tier lagen und saßen mit Klee- und Grashäufchen entspannt auf dem weichen warmen Untergrund), die Abendsonne, die immer durch das Küchenfenster reinscheint und unsere Gesichter anstrahlt, wenn wir abends kochen oder abspülen, je nachdem wie spät wir dran sind, die Hochbetten, an denen wir abends standen (und stehen oder wahlweise auch mit drin liegen) und unsere schlafenden Kinder bestaunt haben, der Platz vor dem Holzofen im Wohnzimmer, der den ganzen Winter über, der heißbegehrteste ist, zum Vorlesen, Spielen, Yoga üben, Yoga unterrichten, für Familienrat-Runden, zum Kino Abend, zum Dinner, zum einfach mal ins Feuer zu schauen oder um dort in Elternnähe abends einschlafen zu können, wenn das eigene Zimmer einfach mal nicht der richtige Ort ist….

Also, sind es eigentlich doch eher die Momente, die die Orte, die wir lieben, und in denen wir voll und ganz – wir – sein dürfen, ausmachen. 

Und bevor dieser Text zu lange wird, höre ich schnell auf, denn hier warten noch einige Stapel auf uns… Jetzt sitzt Tara mit der potentiellen Reise-Bastelkiste vor mir und die ist noch viel zu groß…. Denn man tau (wie der Bremer sagt), und nicht zu lange überlegen.  Denn…

Das Glück liegt in uns, nicht in den Dingen.“  (Siddhartha Gautama Buddha)

Nun ist sie da, die Zeit der kleinen Abschiede. Unser Abreisetermin ist festgelegt, soweit man ihn unter Pandemie-Bedingungen festlegen kann und schwupp, schon sind sie da: Diese kleinen Momente, in denen ich denke: Das mache ich gerade zum letzten Mal… zum Beispiel den letzten Zahnarztbesuch (hoffentlich(!) obwohl ich meine Zahnärztin tatsächlich ganz wunderbar finde), meine letzte Yogastunde im Yogahaus mit Bahar’s und meinem Mittwochskurs ist schon vorbei & ein weiterer Yogakurs und damit noch ein kleiner Abschied von all den wundervollen Menschen, die ich im Yoga begleiten durfte, folgt im April. Nein ich will mich gar nicht beklagen darüber, es ist einfach der nächste Schritt  vor unserem Umzug in unser „Home on wheels“. Das weiß der logisch denkende Teil meines Gehirns und doch ist mein Bauchherz auch wehmütig. Das bekannte lachende und weinende Auge… 

Für unsere Kinder ist es nochmal eine ganz andere Herausforderung, diese Abschiede auf sich zukommen zu lassen. Es ist uns sehr wichtig, dass wir gemeinsam diese Reise machen und wir auf Augenhöhe Entscheidungen treffen. Wir haben in unserem Familienrat auch immer wieder besprochen, dass unsere beiden die Reiseroute mitbestimmen dürfen, dass wir gemeinsam Ziele aussuchen werden und es auch Kinder-Tage gibt, an denen wir Eltern einfach mitmachen und unsere Kinder den Tag planen dürfen (wobei ich mir noch überlegen muss, in welchem Moment ich einen „Ich setze aus – Joker“ ziehen darf, da ich mich ungern an ein Bungee Seil gebunden, mit Blick in eine tiefe und sicher atemberaubende Schlucht, wiederfinden möchte). Und doch sind wir doch auch wie Jesper Juul es bezeichnet die „Leitwölfe“… Schließlich sind es Adrian und ich gewesen, die die Umsetzung unseres Traumes ins Rollen gebracht haben… und unsere Kinder sind mit an Bord… Der Unterschied wird deutlich: Wir kennen das Reisen und wir kennen Langzeitaufenthalte in fremden Ländern… unsere Kinder kennen: Urlaub. Mal 2 Wochen, mal 3 Wochen… mal am Atlantik (ja, geliebtes Pin Sec), mal in den Bergen, mal beim Freundebesuch in verschiedenen Städten… und natürlich Tagesausflüge, Wanderungen, Radtouren, Übernachtungen im Wald…

 Es ist deutlich schwieriger für sie und umso achtsamer, geduldiger und verständnisvoller müssen und wollen wir sein… Wann ziehen die Meerschweinchen nun wirklich zu ihrer Pflegefamilie? Wie oft kann ich mich noch mit meinen Freunden verabreden? Wo sind meine Freunde, wenn ich wiederkomme? Viele Fragen, Unsicherheiten und Ängste tauchen jetzt auf, mitten hinein in diese heiße Phase der Vorbereitung. Das Aussortieren der eigenen Dinge (das jetzt „downsizen“ heißt) in: „Das brauche ich gar nicht mehr“, „das möchte ich einlagern“ und „das muss mit ins Wohnmobil“ ist für uns schon schwierig, zugleich befreiend und mit kleinen Zeitreisen verbunden. Für unsere beiden Kinder ist es gerade ganz weit weg…  Hinzu kommen die ersten Interessenten, die die Wohnung mieten möchten, und in unser bisheriges Zuhause kommen, der anstehende TÜV Termin für unseren KAZYmir und die damit verbundene immer noch große To-Do Liste für Adrian, die möglichst schnell abgearbeitet werden sollte… all das umgibt jetzt natürlich auch unsere Kinder… Hinzu kommt, dass Corona-bedingt der Ausblick auf die Begegnung mit Orang Utans im Dschungel Borneos leider nicht mehr auf unserer Reiseroute steht… Wir werden fahren, nicht fliegen und neue Highlights ansteuern, die wir selber erst entdecken können, wenn wir wissen, wohin wir überhaupt reisen dürfen. Wir, die Reiseerfahrenen,  sehen das mit einer gewissen Gelassenheit und schätzen sogar die Chance das Unerwartete willkommen zu heißen, weil unsere Alltagsleben ja genau das Gegenteil beinhalten… Aber unsere Kinder? Die möchten gerne wissen, wohin wir fahren, was es dort zu entdecken gibt, was man dort essen kann, und vieles mehr.. Und ich kann sie sehr gut verstehen. Und darum muss ich mich immer wieder daran erinnern, dass diese Vorbereitungszeit noch mehr Aufgaben beinhaltet als aktuell auf unserer To Do Liste stehen, es ist eben MEHR als das Beantragen internationaler Führerscheine, Kündigen von Verträgen. Es sind vier verschiedene Köpfe & Herzen, die wir mitnehmen wollen… und jeder unserer 4 ist anders, mit anderen Bedürfnissen, Ängsten, und Wünschen…  

Es ist eine spannende Zeit, die sich anfühlt wie ein Kopfstand. Die Reise beginnt tatsächlich lange vor der Reise und dieser Schritt des Weges bedarf viel mehr Achtsamkeit, Empathie und gegenseitiges Vertrauen, als unsere bisherigen Check-Listen aufgezeigt hatten… jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, und ich wünsche mir, dass alle 4 diesen Zauber mehr und mehr spüren können.